Buchrezension „Automobilgeschichte in Deutschland. Die Motorisierungswelle bis 1939“

In seinem neuen Buch „Automobilgeschichte in Deutschland. Die Motorisierungswelle bis 1939“ bietet der Autor Peter Kirchberg eine famose Tour d’Horizon durch die Verkehrsgeschichte, wobei der Schwerpunkt auf dem Automobil und seiner technisch- wirtschaftlichen Entwicklung liegt. Das nimmt nicht Wunder, war Kirchberg doch jahrzehntelang an der Dresdener Hochschule für Verkehrswesen „Friedrich List“ aktiv, ab den 90er Jahre dann als habilitierter Professor mit dem Lehrstuhl für Verkehrsgeschichte.

Die dort auszubildenden Verkehrsökonomen hatten sich im ersten Semester mit diesem Fachgebiet zu befassen und dieses beschränkte sich nicht nur auf Technik-, Produkt- und Unternehmensgeschichte, sondern bezog auch die Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte mit ein. Leider gibt es ein vergleichbares akademisches Angebot heute nicht mehr. Umso mehr ist es Kirchberg zu danken, dass dieser seinen holistischen Ansatz in einer anschaulichen und spannend zu lesenden Form einem breiteren Publikum präsentiert. Kirchberg ist bereits als Verfasser des – als Standardwerk zur DDR-Wirtschafts- und Automobilgeschichte geltenden – Buches „Plaste, Blech und Planwirtschaft“ bekannt und gilt zudem als profunder Kenner der Automobilhistorie, mit dem Schwerpunkt auf der Auto Union AG Geschichte und den Renn- und Rekordfahrten der 30er Jahre.

Der 560 Seiten umfassende Band, in sieben Kapitel gegliedert, ist flüssig geschrieben und so formuliert, dass auch nicht mit dem Stoff vertraute Leser sich gut unterhalten finden. Die, durch Zitate belegten Aussagen lassen nicht nur umfangreiche Literarturkenntnis des Autors erkennen, sondern vermitteln auch zusammen mit den illustrativen Grafiken und Tabellen wissenschaftliche Tiefe. Das Buch ist zudem ansprechend bebildert was vieles anschaulicher macht.

Kirchberg weist im nun vorliegenden Werk nach, dass die meisten der aktuellen Prozesse im Bereich der Mobilität keineswegs neu sind, sondern frühere Vorläufer hatten: Elektromobilität etwa, Einführung neuer Antriebe als Langzeitprozesse, die Schaffung von Infrastrukturen, Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern, die Entwicklung neuer Verkehrsmittel und ihre Integration nicht als Ablösung, sondern als Bereicherung, alternative Kraftstoffe und anderes mehr.

Besonders wertvoll und hilfreich sind die verschiedenen Verzeichnisse/Register für eine gezielte Suche nach Sachthemen und Personen. Das Buch kann sich damit zu einem bevorzugten Nachschlagwerk für Automobilgeschichte in Deutschland vor 1939 entwickeln. Die Literarturangaben Angaben finden sich in den einzelnen Kapiteln.

Für viele, die sich heutzutage mit Verkehr im weitesten Sinn befassen, wie auch die an der Mobilitätsgeschichte Interessierten, ist dieser Blick zurück ein lohnendes Unterfangen.


Peter Kirchberg
„Automobilgeschichte in Deutschland. Die Motorisierungswelle bis 1939.“
Georg Olms Verlag, Hildesheim 2021, Preis 68.-Euro.
ISBN 978-3-487-086422