Meinung…

Die unglaublichen Geschichten des Professor XY

Oder: So bleibt vieles ungesagt… in punkto Mobilität 

Wer kennt sie nicht, die zahlreichen deutschen Medienberichte zur E-Mobilität mit Batterien und Wasserstoff und warum letztere Lösung für Autos überhaupt keinen Sinn ergibt. Die Vorträge und Reportagen sind anschaulich und überzeugend. Selten, dass ein Journalist die gemachten Aussagen kritisch hinterfragt. Sogar in Vorstandsetagen großer Konzerne wird die Produktstrategie an solchen Berichten ausgerichtet. Auch politische Parteien orientieren ihre Programme daran. Dann muss wohl alles richtig sein – oder?

Die technischen Details von Wirkungsgradketten – das sind alle Verluste, die von der Erzeugung bis zum Verbrauch entstehen – sind sehr komplex und werden auch von Experten kontrovers diskutiert.

Wenn offen diskutiert wird, erinnert die Streitkultur an die um Covid-19: Die einen Wissenschaftler sagen so, die andern so…

Welche Technologien für die E-Mobilität sind nun gut oder schlecht?

Beim Betrachten der Grafiken sollte auch ein Laie schnell feststellen können, dass dort immer die Sonne scheint oder der Wind weht, wenn die Batterie des Fahrzeugs gerade geladen wird. Ein kurzer Blick aus dem Fenster hilft schnell zu erkennen, dass das ganz oft nicht der Fall ist. Fließt der Strom aus der Photovoltaik oder dem Windrad, dann wird dieser zuerst einmal für die Waschmaschine, den Fernseher oder den PC gebraucht.

Wann bleibt dann noch grüner Strom für das Laden des E-Autos übrig? In den dunklen, windarmen Wintermonaten wird es auch künftig fast unmöglich sein, genügend grünen Strom in unserer Region zu produzieren. Was machen wir jetzt, wenn es gerade nicht genügend grünen Strom gibt und das Auto oder der Stadtbus trotzdem geladen werden muss? Dann holen wir eben den Strom aus Regionen, in denen viel mehr Sonne scheint oder Wind weht.

Leider lässt sich Strom nicht in Tankern oder Pipelines transportieren, wie wir es heute mit dem größten Teil der importieren Energie machen. Das sind nur einige der Punkte, die einem so durch den Kopf gehen, wenn man sich die plakativen Grafiken anschaut, die die batterie-elektrische Mobilität als die einzig selig machende preisen.

Blick über den Tellerrand

Eine zweite, sehr einfach zu recherchierende Erkenntnis ergibt sich beim berühmten Blick über den Zaun: Warum investieren, allen voran asiatische Automobilhersteller wie Toyota, Hyundai oder viele chinesische Firmen, Milliarden in Wasserstoffantriebe? Auch Firmen wie Bosch, Renault oder Stellantis (Peugeot, Citroen, Opel, Fiat) geben sehr viel Geld für die Brennstoffzellen- und Wasserstoff-Produkte aus. In all diesen Firmen gibt es sehr intelligente Ingenieure, Kaufleute und Strategen, die sich etwas überlegt haben.

Wasserstoff ist eine attraktive Variante für viele Fahrzeuganwendungen.  Sogar die sogenannten e-fuels, die bei den Wirkungsgradbetrachtungen regelmäßig im Abseits landen, bieten überaus attraktive Chancen, wenn man eine durchdachte und ganzheitliche Analyse der künftigen Energieversorgung durchführt.

Fazit: Nur mit einer gut durchdachten, ehrlichen und technologie-offenen Diskussion werden wir erfolgreich die Zukunft gestalten können.

PS: Und wie wirkt diese Gemengelage auf mich, einen automobilbewegten Men schen? Nun, ich halte es mit Konstantin Wecker und sage laut heraus: "Aber eines ist geblieben, dass ich schreibe was ich meine,
Und so teil' ich mich, Ihr Lieben, und bleib immerfort die Eine…". (Aus dem Wecker'schen ‚So bleibt vieles ungeschrieben'.)

"Klar, das macht unbeliebt in gewissen autokratischen Managementstrukturen dieser Industrie. Na, da sag ich mir "so what" und zieh mich zurück auf mein Achtel Lorbeerblatt…"

Reinhard Mey