Wey better – 03?
„Ich sage nur: China, China, China“
Ältere Zeitgenossen und Geschichtsinteressierte kennen den Ausspruch Kurt Georg Kiesingers, mit dem der damalige Bundeskanzler Ende der 1960er Jahre vor der Volksrepublik China als der ‚gelben Gefahr‘ warnte. Mehr als einen Warnschuss erlebt seit ein paar Jahren die deutsche Automobilindustrie. Mit Erstaunen stellen AUDI, BMW und Mercedes-Benz fest, dass sie abgehängt zu werden drohen, und zumindest derzeit in vielerlei Hinsicht abgehängt sind.
Abgehängt in punkto Geschwindigkeit, mit der neue Modelle auf dem Markt erscheinen. Abgehängt in Sachen Kostenstrukturen. Die deutschen Autos sind zu teuer. Man mag nun trefflich darüber streiten, wie sinnvoll in dieser wirtschaftlichen Schieflage überhöhte Arbeitslohnforderungen sind. Und schuld daran, an dieser gesamtwirtschaftlichen Misere ... ist NICHT die SPD. Sie hat von ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel ein sehr kostenträchtiges Erbe angetreten und seit Regierungsantritt mit diametral divergierenden Partnern zu kämpfen, die alle nur ihr eigenes Ego oder und das ihrer jeweiligen Partei im Sinn haben, gerade auch Merz, den man wohl besser Mephisto nennen muss oder Ich bin der Geist, der stets verneint und Zwietracht sät.
Zhongguó: The Chinese mean business
Zhongguó, wie China auf chinesisch heißt, bedeutet Geschäft. Und das schreckt die deutsche Wirtschaft, insbesondere die Automobilindustrie, maximal auf. Auf englisch wird die Bedeutung doppelt klar – zum einen als Geschäft, aber auch idiomatisch: Zhongguó means business. Idiomatisch: The Chinese mean business, sie meinen es ernst mit der erschwinglichen Elektrifizierung und damit, in der Autoindustrie eine Führungsrolle einzunehmen.
Mehr denn je gilt die Frage: Legt der Autofahrer bei Elektrofahrzeugen Wert auf deutsche Wertarbeit? Oder nimmt er, wie manche meinen, billigend in Kauf, dass manch asiatisches Elektroprodukt eben nach fünf Jahren wertlos ist? Wir können das nicht klären, meinen aber dass die Great Wall Motors solide Fahrzeuge bauen, die im Falle unseres Wey 03 SUV Premium Anmutung haben.
Das bislang aussichtslose Hinterherhecheln hinter der asiatischen Konkurrenz hat mehrere Gründe: deutsche Arbeitslöhne, deutsche Ingenieurskunst, die auf Perfektion getrimmt ist, was wir natürlich begrüßen – denn das Endprodukt ist in der Regel besser. Verwässert wird ein gutes Ergebnis dann leider bisweilen durch Knebelverträge mit Zulieferern – sprich: es wird so wenig wie möglich bezahlt. Als Resultat werden immer wieder minderwertige Teile eingesetzt, woran sich kostenträchtige Rückrufaktionen und frühzeitiges Ausfallen von Teilen schließt, die nur sehr schwer und teuer wieder zu bekommen sind.
Die Chinesen fahren einen anderen Kurs: Die Autos sind gut. Und bei der vergleichsweise angenehmen Preisgestaltung für den Kunden nimmt der in Kauf, dass vielleicht nach 15 Jahren das Fahrzeug auf dem Schrottplatz, pardon, in der Wiederverwertung landet. Das ist von vornherein mit einkalkuliert.
GWM Wey 03
Das Premium-Segment hat seit Jahresanfang eine neue Produktilnie. Sie heißt Wey und kommt – wen wollte es noch wundern – aus China und gehört wie auch Ora zur chinesischen Automobilmarke GWM, kurz für Great Wall Motors. Bislang gibt es den Wey 03 und den Wey 05. Davor hießen sie Coffee 01 und Coffee 02.
Wir fuhren das Einstiegsmodell, den WEY 03, dafür aber in der Top Variante, das Modell „Luxury AWD“. Es ist ein Hybrid mit Allrad und einer laut Herstellerangaben rein elektrischen Reichweite von zwischen 139 bis innerorts 159 Kilometern. Wir kamen nicht über 140 Kilometer, was aber längst reicht für durchschnittliche Tagesstrecken. Insbesondere sofern man zwischen heimischer Wallbox und einer Lademöglichkeit beim Arbeitgebers pendeln kann.
Daneben gibt es noch die Modelle Pemium und Luxury. Schon beim Platznehmen fühlt sich das Fahrzeug an wie Premium. Beim Fahren bestätigt sich dieser erste Eindruck. Bislang sind alle Wey Fahrzeuge Hybride, mit oder ohne Allrad. In unsererm Fall mit Allrad. Im kommenden Jahr soll das SUV der Mittelklasse auch als Benziner und Hybrid ohne Stecker (Mild Hybrid) nach Deutschland kommen. Mercedes-Benz beschreitet mit dem CLA den umgekehrten Weg. Erst deutlich später als der rein elektrische CLA wird es einen Verbrenner plus Elektromotor als Hybrid ohne Stecker geben. Und das in Zeiten, wo Hybridfahrzeuge beim Kunden sehr beliebt sind.
Schon der kleinere der beiden SUV ist mit 4,67 Metern Länge und 1,890 Metern Höhe mächtig groß und bullig, fällt auf mit seinem gewaltigen Frontgrill. Hervorzuheben ist auch das sehr gute Platzangebot, nicht zuletzt aufgrund eines Radstandes von 2,75 Metern. Und wie üblich bei chinesischen Fahrzeugen hat der Wey 03 eine Vielzahl von möglichen Ausstattungsmöglichkeiten automatisch an Bord. Das kommt dem asiatischen Verlangen nach „viel hilft viel“ entgegen. Uns persönlich waren die vielen Farbgebungen je nach Tageslicht und auch Wahlmöglichkeiten zu viel und unnötiger Zierrat. GWM nennt es mehrfarbige Ambiente-Beleuchtung mit Rhythmus-Funktion. Für uns ist das kein Rhythmus, bei dem jeder mit muss, sondern ein störender und eher ablenkender Effekt. In den zwei Luxus-Modellen ist diese Beleuchtung serienmäßig dabei. Andere Hersteller bieten dies auch serienmäßig an. Wir können auf derlei fahrende „Lichtorgel“ gerne verzichten, befinden uns da aber wohl in der Minderheit. Sehr hilfreich dagegen ist immer das Head-up-Display. In der Luxus-Variante ist es automatisch mit dabei. Ein wirklich hilfreiches Sicherheitsfeature, das sie Augen stets auf der Straße belässt.
Serienmäßig reichlich Ausstattung
Was uns dagegen sehr gefällt, ist die sehr wertige Verarbeitung im Interieur. Kein Wunder sind die Wey SUV in ihrer Heimat Benchmark. Klasse auch die 360 Grad Umgebungskamera inklusive „Transparent Chassis“-Ansicht. Sie ist serienmäßig mit an Bord und erleichtert das Rangieren auf engem Raum erheblich. Etwas eleganter wirkt der coupéartige große Bruder. Dafür wird beim Wey 03 ein Spiel mit den Muskeln deutlicher. Unser Topmodell hat einen 2 Liter Turbobenziner, kombiniert mit zwei Elektromotoren. Der starke E-Motor vorne kommt zusammen mit dem Benziner auf eine Systemleistung von 367 PS. Zusammen mit dem Elektromotor an der Hinterachse bringt es unser Wey 03 auf ordentliche 442 PS Systemleistung (325 kW).
Kraftstoffverbrauch gibt GWM mit 0,5 Liter auf 100 Kilometer an. Wir lagen immer deutlich drüber. Auch beim Stromverbrauch, den er mit 24,3 bis 25,2 kWh/100km beziffert. Und zu guter Letzt der Preis: das Einstiegsmodell in die Premiumklasse mit der passenden Bezeichnung „Premium“ startet bei 47.900 Euro, die „Luxury“ Variante bei 51.900 Euro, für unser „Luxury AWD“ kommen nochmal 4.000 Euro dazu. Startpreis 55.900 Euro. Unsere Ausstattungsvariante ist rund 2000 Euro teurer. Dann hat man alles, was der Hersteller bietet. Das ist für ein Premium-Fahrzeug dieser Größe – man denke nur an Auid Q5, BMW X3 oder Mercedes-Benz GLC – und Ausstattung Mittelmaß und dürfte die Kunden ansprechen, die deutlich auf den Kaufpreis achten, weniger markenaffin sind und unvoreingenommen gegenüber chinesischen Herstellern.
Where there is a will, there is a Wey...
Vom Boom der Plug-in-Hybride wie unserem Wey 03, einer cleveren Kombination aus Verbrenner und E-Motor, profitieren die Deutschen nicht. Im Gegensatz zu Deutschland laufen diese Zwitter als Elektroautos. Der Anteil dieser Fahrzeuge nimmt Monat für Monat zu.
Thema Laden: Ohne Ladekarte hätten wir ihn wie einen reinen Verbrenner gefahren. Zum Glück ist der Hersteller nicht verwegen zu erwarten, man habe eine Ladekarte. An einem Parkhaus etwa soll ich meinen RFID Code eingeben. Wie bitte? Ich habe so etwas nicht, da ich (noch) kein elektrifiziertes Fahrzeug fahre. Mit anderen Fahrzeugen ohne Ladekarte konnte ich nur die Notnummer anrufen und war darauf angewiesen dass man mir die Rechnung per Post schickt. Da kommt wenig Freude auf.
Von wegen Multikulti und Offenheit für Wettbewerb
Am Tag, nachdem wir das SUV in Empfang genommen hatten, steuerten wir im Feierabendverkehr in Stuttgart Mitte eine Ladesäule an, die als frei markiert war. Es war unser Ziel zu beweisen, dass 145 Kilometer Reichweite rein elektrisch ausreichen für den durchschnittlichen Pendler.
Wie wir uns den zwei Ladepunkten annähern, merken wir, dass an einem ein SUV bräsig und quer gegen die Fahrtrichtung steht, eindeutig ein Achtzylinder-Verbrenner. Langsam nähern wir uns der Säule, und schon beginnt das Feierabend-Hupkonzert hinter uns. Wir hupen dem SUV – keine Reaktion. Da es eine Einbahnstraße ist, kommt Wenden nicht in Frage, aber auch Abbiegen weiter unten bringt nichts. Wir peilen die Lage, sehen den üppigen Gehweg, setzen den Blinker und fahren im Schritttempo an die Ladesäule. Von Fußgängern kommen ausnahmsweise keine Beschwerden, wohl aber von den Insassen besagten Verbrenners der Marke mit dem Stern, ein ansonsten cooles G-Modell.
Auf unsere Anmerkung, warum sie eine Ladesäule versperren, kontern die zwei jungen Männer in militantem Ton: „Kaufen Sie ein deutsches Auto von einem deutschen Hersteller!“ – Hmmm, abgesehen davon, dass sie kein Wort der Entschuldigung dafür finden, regelwidrig eine Ladesäule komplett zu versperren, fragen wir uns: Was ist ein deutsches Auto? Es besteht aus Teilen chinesischer Zulieferer oder anderer Provenienz. Ein deutscher Hersteller? Als solcher können heute mit Ach und Krach die Bayerischen Motorenwerke, BMW, durchlaufen – weil dort der Quandt/Klatten Familienclan nach wie vor die Aktienmehrheit besitzt, fast 47 Prozent der Stammaktien. Gänzlich anders sieht es schon bei Mercedes-Benz aus. Dort ist die chinesische BAIC Group der größte Einzelaktionär, gefolgt vom chinesischen Investor Li Shufu und den Staatsfonds von Kuwait.
So viel zum Thema deutsch. Man könnte sagen: Alle Fahrzeughersteller sind voller Migrationshintergrund... Für alle Deutschtümmler oder Wutbürger, die oft nicht zu den hellsten Leuchten der Republik zählen, müsste das heißen: Finger weg von derlei Produkten.
Und noch kurz zu VW: Da haben die Familien Piëch und Porsche 31,9 Prozent der VW Aktien, aber ein Stimmrecht von über 53 Prozent. Das Land Niedersachsen hält 11,8 Prozent der Aktien – bei einem Stimm- und Vetorecht von 20 Prozent. Also doch noch eine Art deutsches Unternehmen. Eines, das gewaltig in Schieflage geraten ist, weil die Produkte zu teuer, der Konzern einem schwerfälligen Tanker gleicht. Und exCEO Herbert Diess? Tummelt sich auf Talkshows, tut sich wichtig und hat zu dieser Schieflage natürlich gar nicht beigetragen...
China kann schon lange Autos
Weshalb – und hier schließt sich der Kreis – der Griff zu einem Wey 03 Hybrid eben „trotz chinesischer Provenienz“ doch attraktiv sein kann für das Portemonnaie. Sei es ein privates oder das eines Betriebs mit Firmenwagen. Nicht jeder hat so viel Spielgeld wie offenkundig besagte zwei nassforsche Männer.
Also alles ‚Wey better‘? Nicht unbedingt. Ein solides und gutes Auto, zweifelsohne. Er fährt sich etwas schwammig, finden wir. Sicher fühlt man sich gleichwohl zu jeder Zeit. So sind wir gespannt auf den Wey 05 und dessen Fahreigenschaften...Im neuen Jahr testen wir ihn gerne.
Text und Fotos: Dr. Susanne Roeder